Wednesday, April 19, 2006

Wild Duck

Wild Duck Die Deutsche Abfrage

Hier mein innerer Protest gegen Deutscherklausuren etc....

Zu Karfreitag und Ostern blättere ich ruhig in meinen prachtvollen Büchern. Ohne Brille, ganz entspannt. Ich kann aber nicht mehr so gut sehen. Osterspaziergang. Faust!

„Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich deutsch, hier darf ich’s sein!“

Ich bin deutsch geboren, ich werde ja nicht mehr ausgefragt! Ich jauchze. Ich muss keinen Ausländertest absolvieren!

Dir armen Ausländer tun mir ein bisschen leid, sie müssen Fragen beantworten, deren Antwort ich ja auch nicht kenne, bestimmt nicht die mit dem Kaspar-David-Kreidefelsen auf Rügen, die wahrscheinlich aus Proporzgründen in den neuen Einbürgerungstest auf Deutschtum hinein musste. Zu dem Test fallen mir fast nur Sarkasmen ein. Wie haben wir als Kinder immer gesungen?

„Die Gedanken sind frei,
wer kann sie verraten?
Der Test will sie wissen,
das Land sie erschießen, mit Fragen zu Brei!
Die Gedanken sind frei!“

Das Lied ist von eine alten Schweizer Weise abgeleitet und fängt ursprünglich anders an.
„Nur die Franken sind frei, das Gold und Dukaten…“

Glauben Sie im Ernst, ein paar Bildungsfragen machen zum Deutschen? Hindert der Führerschein, wie eine Sau zu fahren? Würden wir einen Wolf, der einen Kreidefelsen frisst, gleich als Ziege bezeichnen? Doch eher als Schaf? Wenn der Test angeblich Terroristen entlarven hilft, dann müssten wir doch auch alle Stasi-Spitzel damit finden können? Wahrscheinlich ist der Test von den Flughäfen abgekupfert. Wenn man dort die Frage nach dem Mitführen von Bomben bejaht, darf man nicht mitfliegen. Die listigen Gepäckpackgeschenkfragen entlarven dort jeden Terroristen. Deshalb wurden in jüngster Zeit auch keine Flugzeuge mehr entführt.

Wenn jemand irgendwo einheiratet, muss er verinnerlicht haben, wo er ab jetzt leben wird. Es wäre schön, er könnte Ideen in sich fühlen. „Freude, schöner Götterfunken…“ – „Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht.“ – „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte.“ – „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Aber ein Test? Wenn eine Deutsche in den nahen Osten einheiratet, warnen wir sie, wappnen wir sie, klären sie auf. Es ist kein einfacher Schritt, in eine andere Kultur zu wechseln, in keiner Richtung. Hilfe und Willkommen wird gebraucht! Beratung, Gespräche! Aber ein Test?


Und wenn schon ein Test, dann bitte ein paar entlarvendere Fragen!

· Begründen Sie, warum das deutsche Bildungssystem am besten ist.
· Was verbinden Sie mit dem Wort Kopfpauschale im Zusammenhang mit Krankheit?
· Wann nimmt der Deutsche einen Jägerzaun, wann Stacheldraht?
· Bis zu welchem Alter dürfen Hunde in der Mittagszeit bellen und welche Einschränkungen bestehen für Kinder?
· Der folgende Satz ist ein Gedicht – interpretieren Sie! „Wer in der Schule schillert, bekommt eins auf die Glocke.“
· Nennen Sie drei Politiker, die eine Zweitstimme haben.
· Welche Arbeiten hält ein Deutscher für würdelos?
· Wer ist mit der Bezeichnung Allgemeinheit in dem Artikel 14 des Grundgesetzes gemeint? „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“

Ach, ich bin etwas bitter…die Gesinnung wird doch nicht besser, wenn man etwas weiß. Wissen hilft, ja! „Lerne, dann weißt du in der Not!“, zum Beispiel, wenn man etwa nach Deutschland fliehen will. Aber schon Goethe beschrieb die Tragödie eines DDR-Fluchthelfers:

„Erreicht den Westen mit Müh’ und Not, in seinem Armen das Kind blieb rot.“

Es ist Ostern. Ich lese Faust und in der Bibel. Ohne Brille, ich sehe etwas schlecht.

„Habe nun, ach! Philosophie, Juristerei und Medizin,
und leider auch Theologie! Durchaus studiert mit heißem Bemühn.
Da steh ich nun, ich armer Tor! Und bin so deutsch wie nie zuvor.“

9 Comments:

Anonymous Anonymous said...

So werden die armen Einwanderer wenigstens auf die deutsche Prüf-Kultur vorbereitet.

Du willst ein Haus bauen? Hier ist der Fragebogen.
Du willst Dein Geld investieren? Dazu brauchst Du ein Konto. Hier ist der Fragebogen.
Du willst eine Gaststätte eröffnen? Hier sind erstmal fünf Fragebogen, dann sehen wir mal, welche Behörde sich sonst noch meldet.

Du willst ins Fernsehen? Millionär werden? Lerne, Fragen zu beantworten!

Wer den Test schafft, hat damit nicht etwa bewiesen, das nötige Wissen als Eingebürgerter zu haben. Er hat auch nicht die nötige Ernsthaftigkeit seines Anliegens bewiesen. Aber er hat bewiesen, daß er bereit ist zum regelmäßigen Umgang mit dem gründlichen deutschen Amtsschimmel, und das ist letztlich der Haupterfolgsfaktor für jeden Neubürger!

9:59 AM  
Anonymous Anonymous said...

Naja, an sich ist die Idee nicht doof. Manche Leute lassen sich relativ gut integrieren, andere nicht, und ich denke, das ist auch eine Frage der Grundeinstellung.

Die kann man sicher schon irgendwie erkennen, aber dadurch, dass das ganze in einen solchen Fragebogen gegossen wird, wirkt es irgendwie absurd. Es ist mal wieder das alte Problem: Das Eigentliche können wir nicht sehen, also müssen wir versuchen, es zu approximieren. Aber wahrscheinlich könnte man das auch einfach merken, indem man sich mal 'ne Viertelstunde mit den Kandidaten unterhält. Solchen Methoden vertrauen aber eben leider nur Intuitive. ;-)

11:49 AM  
Anonymous Anonymous said...

Soweit zum lesen ohne Brille, evtl. macht Sie ja das Blog lesen und schreiben (weiss auf schwarz) blind...

3:29 AM  
Anonymous Anonymous said...

In einem Schulbuch für den Ethik-Unterricht in der 8. Klasse, das ich gestern zufällig in die Hände bekam, fand ich noch zufälliger folgenden Witz:

Drei Ausländer möchten deutsche Staatsbürger werden. Sie gehen zusammen auf das Einwohnermeldeamt. Der erste geht hinein. "Wie gut sprechen Sie deutsch?" fragte der Beamte. "Gebrochen." "Oh, nein, nein, bei Ihnen ist es noch zu früh." Er verläßt das Büro und die zwei anderen fragen ihn: "Na, wie war's?" "Nix war's."

Der zweite geht hinein. "Wie sprechen Sie deutsch?" " Nicht gut." "Nein, nein, das geht beim besten Willen nicht." Auch er verläßt das Büro, und die anderen fragen ihn, wie es war. "Nichts!"

Der letzte geht hinein. "Wie lange sind Sie schon in Deutschland?" "Fünfzehn Jahre." "Sprechen Sie gut deutsch?" "Ja, perfekt." "Gut, hier sind Ihre Papiere, bitte unterschreiben Sie. Ab jetzt sind Sie deutscher Staatsbürger." Er geht hinaus und die anderen fragen ihn, ob es geklappt hat. Darauf gibt er zur Antwort: "Das geht euch Batschaken gar nichts an!"


Unter dem Thema "Vorurteile" soll da deutlich gemacht werden, wie schnell man manchmal auf der anderen (falschen) Seite stehen kann.

Mir ist dennoch gleich der Einbürgerungstest eingefallen. Ob das mit dem genauso laufen wird (in zweifacher Hinsicht)?

Die ersten beiden waren, vereinfacht gesagt, vielleicht einfach nur selbstkritisch? Oder ehrlich?

4:43 PM  
Anonymous Anonymous said...

Hallo Heike,

ich kenne die genauen Gründe des von Dir zitierten Herren nicht, aber ich denke, das hier auch zum Teil die Angst vor der Veränderung der eigenen Kultur mitschwingt.

In unserer Kultur ist es ein hoher Wert, seinem Gegenüber ins Gesicht sehen zu können. Wir legen Wert darauf, dass in einer Schule bestimmte Inhalte gelehrt werden, was durch eine derartige Kleidung teilweise unmöglich gemacht wird. Und nicht zuletzt natürlich die Gleichberechtigung der Frau, die immer wieder hoch gehalten wird. Auch dies ist ein Recht, und Rechte sollte man nach unserem Kulturverständnis nicht einfach abtreten können.

Toleranz bedeutet in vielen Fällen nicht nur, dass wir ein Verhalten hinnehmen, sondern auch, dass wir eine Veränderung der eigenen Normen hinnehmen. In vielen Fällen ist das sicher angemessen, in anderen nicht.

Ich finde es sehr gut, dass diese Diskussion zur Zeit in der Öffentlichkeit geführt wird. Pauschalaussagen wie "Ausländer müssen sich anpassen" bringen uns nicht weiter, aber durch Leute, die Grenzen überschreiben, bekommen alle direkt und indirekt Beteiligten ein besseres Gefühl dafür, wo die Grenzen (in unseren Köpfen) denn tatsächlich liegen. Und es lässt uns über das richtige Maß an Toleranz nachdenken. Viele sprechen vom "goldenen Mittelweg", aber wo liegt der genau? Letztlich sind solche Diskussionen nur die Suche nach ihm.

Grüße
Marvis

7:19 AM  
Anonymous Anonymous said...

Das Problem ist ja nicht das Tragen der Burka selbst.

Die Kleidung ist eine Nachricht: "Ich verhülle mich". Der Betrachter macht durch eigene Interpretation aus der Nachricht eine Information. Zum Beispiel:
"Ich werde von meiner Familie gezwungen, dies zu tragen."
Oder:
"Ich will mich Eurer Kultur nicht anpassen."

Beide Beispiele wären aus meiner Sicht durchaus problematisch - wenn sie denn tatsächlich das ausdrücken würden, was die Trägerin signalisieren will.

Und das ist die Crux: man kann nicht nicht kommunizieren. Wer in Deutschland die Burka trägt, signalisiert allen in der deutschen Kultur verwurzelten Betrachtern "Ich grenze mich aus".

3:04 AM  
Anonymous Anonymous said...

Hallo Heike,
ich habe keine einfache Lösung parat. Wir stehen ratlos daneben.

Ich versuch's trotzdem mal:

Ich will niemanden ausgrenzen. Ich begrüße die Vielfalt, die Bereicherung unserer Kultur. Wenn die Burka als folkloristisches Element (manchmal) hinzukommt, warum nicht?

Ich will keine Scharia in Deutschland. Keine Blutrache. Keine Ehrenmorde. Keinen Muezzin, der per Lautsprecher meine Gartenparty beschallt. Da hört die Toleranz auf.
Warum?
Dies ist meine Heimat. Ich habe nur diese eine, ich möchte mich hier zu Hause fühlen.

Wenn wir uns da einig sind, kommen wir gut miteinander aus.

Soviel zu mir.

Mag sein, daß andere schon einen Schritt weiter sind - von der Beschreibung des Möglichen und Unerwünschten bis zu Angst und empfundener Bedrohung ist es nicht weit.
Die brennenden Autos in Frankreich sind da ganz schlecht - bevor es soweit kommt, schiebt man lieber gleich alle ab? 8-(

Wie nehmen wir denen, deren Heimat Deutschland ist, die Angst vor dem Fremden, Unbekannten?
Wie geben wir denen, die bei uns bleiben wollen, das Gefühl dazuzugehören?
Wie erfahren wir, wer wirklich zu uns kommen will, unsere Kultur, unsere Freiheiten annehmen will? Im Gegensatz zu denen, die nur unseren freien Platz und unsere Infrastruktur brauchen?

(Und schon sind wir wieder bei dem unseligen Quiz.)

Ich habe keine einfache Lösung. Ich fange einfach mit dem "Man in the mirror" an (nach Michael Jackson). Ganz gemäß Deiner Idee mit dem Vorleben.

2:23 AM  
Anonymous Anonymous said...

Ups. Ich habe den Namen eingetragen und den Knopf vergessen.

2:24 AM  
Anonymous Anonymous said...

Hallo Heike,
heute morgen hat meine Unwissenheit mich eingeholt.
Der Wiesbadener Kurier zitiert Tarek Ali, der klarstellt, daß so etwas wie "Ehrenmorde" durch den Koran nicht gedeckt sind, sondern auf Dorf(un)sitten beruhen. So geht mein Unbehagen ins Leere...
[Nebenbei: jede Kultur, auch unsere, hat ihren Anteil Idioten. Es ist nur fair, wenn Einwanderer auch ihre Quote mitbringen.]
Die Mißverständnisse müssen immer wieder ausgeräumt werden. Ich habe es so verstanden: Islam heißt Frieden, und der Djihad ist der Kampf gegen die eigene Versuchung, kein Kreuzzug zur Ausrottung aller Andersgläubigen. Gute Voraussetzungen, um prima miteinander auszukommen.
Nun kriege ich die Kurve zum Ausgangspunkt... vielleicht sollten Deutsche mal einen Fragebogen zur Fremd-Kulturen-Kenntnis beantworten? Einfach, um uns selbst Klarheit zu verschaffen, wie wenig wir über die wissen, die zu uns kommen. (Was ist "Machina"?)

Ein wenig praktische Integration hilft. Beim Sportfest oder beim Weinfest kommen Fremde problemlos miteinander ins Gespräch, warum nicht auch quer durch die Kulturen? Oh je, die nächste Barriere - deutsche Feste sind oft am Alkohol orientiert, kein guter Einstieg.
Gibt es irgendwo in Deutschland ein Kaffee-Fest? Einen Saft-Markt? Eine Sprudelmesse?
Wir geben die Hoffnung nicht auf. Integration ist möglich, wir müssen sie nur suchen.
Gruß, Hinrich

11:42 PM  

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